125 Jahre Bahnhofsmission am Ostbahnhof

ICH HABE MAL MIT HARALD JUHNKE GESPIELT 18 Jahre komme ich schon hier her, ungefähr. Ich habe ein Häuschen, einen Sohn und eine Wohnung. Die Wohnung gehört mir. Ich habe auch ein bisschen Geld. Ich bin Frührentner und das schon seit 35 Jahren. 1959 war der Unfall, da bin ich liegengeblieben – in der Wrangelstraße. Ich hatte gerade Schriftsetzer ausgelernt, als ich mit dem Motorrad den schweren Unfall hatte. In dem Beruf konnte ich nie ganz arbeiten, da ich nicht mehr den ganzen Tag stehen konnte. Die Anderen nannten mich „den sitzenden Setzer“. Schon verrückt: Ich war mit der Maschine in Paris, zweimal Hamburg und nie ist was passiert, aber dann hier in Berlin macht es Krach, Bums und ich war 80 Prozent schwerbeschädigt, sechs Wochen besinnungslos und musste mit einem Luftröhrenschnitt operiert werden. Ich war insgesamt ein halbes Jahr im Krankenhaus. Jetzt habe ich die Pflegestufe drei, aber da krieg ich nicht viel für. Ab und zu bekomme ich Hilfe von einem Verein. Der hilft mir immer dienstags und freitags. Die machen sauber, die machen Essen und gehen einkaufen, das ist schon eine große Hilfe, aber finanziell kriege ich nichts ab. Meine Frau hieß Ingeborg. Sie ist seit sechs Jahren tot. Es war ein Herzinfarkt, obwohl sie nicht geraucht und nicht getrunken hat. Ich trinke auch nicht und rauche auch nicht, seit 44 Jahren. Früher war ich Komparse in Berlin. Da gab es immer 60 oder 120 Mark, das war schön. Mit Harald Juhnke habe ich mal gespielt oder mit Otto und mit einem älteren Ehepaar, die beide schon tot sind. Dann habe ich angefangen Blut und Plasma zu spenden. Es gab immer 50 oder 120 Euro und ein paar Stullen und einen Kaffee. Aber viel Geld hatte ich nie. Zur Bahnhofsmission komme ich immer, wenn ich nachts nicht einschlafen kann. Das ist jetzt schon ein paar Jahre so. Ich wache jede halbe Stunde auf und dann gehe ich zur Bahnhofsmission, weil die Leute hier nett sind und ich mich ein bisschen unterhalten kann, jedenfalls mit den meisten. (Gerhard T., fast 80 Jahre)

Unterwegs sein – auf dem Weg sein

Eine Image-Kampagne zum 125-jährigen Jubiläum der ersten und ältesten Bahnhofsmission Deutschlands – der Bahnhofsmission am Berliner Ostbahnhof mit Porträtfotografien von Angela Kröll.

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125 Jahre Bahnhofsmission